Überwachtes Deutschland Neue historische Erkenntnisse und notwendige Konsequenzen
Datum: | Donnerstag, 15. Mai 2014 |
---|
Ist die Bundesrepublik ein überwachtes Land, gar ein Überwachungsstaat? Dank Edward Snowden haben wir einiges Neue über unser Land lernen müssen. Die Bundesrepublik ist das am meisten überwachte Land in Europa. Grundlage der „deutsch-amerikanischen Freundschaft“, wie die politische Elite in der Bundesrepublik gern die Beziehungen zu den USA bezeichnet, ist ein tiefes Misstrauen auch und vor allem gegenüber den Deutschen. Nichts scheint vor den geheimdienstlichen Angriffen der USA mehr sicher zu sein. „In Gott vertrauen wir“, lautet ein geflügeltes Wort der NSA, „alles andere hören wir ab“.
Und die deutschen Geheimdienste? Was tun die? Schützen sie die Bundesrepublik vor feindlichen Angriffen aus dem Ausland? Deutschland ist nicht nur Angriffsziel, sondern zugleich auch Partner der US-amerikanischen Geheimdienste. Beide Seiten haben sich immer wieder vertraglich verpflichtet, geheimdienstlich aufs Engste zusammenzuarbeiten und alle Informationen wechselseitig auszutauschen. Das gilt bis heute. Die amerikanischen und deutschen Geheimdienste sind Teil eines gigantischen geheimdienstlichen Komplexes, der weniger von freundschaftlichen Beziehungen, als von den beherrschenden Interessen der Weltmacht USA bestimmt wird. Die deutsche regierungsamtliche Reaktion auf das öffentlich Werden dieses Sachverhalt kam deshalb auch nie die gezeigte Halbherzigkeit hinaus.
Bereits seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Deutschen systematisch überwacht, von den Besatzungsmächten, allen voran den USA, aber auch von den westdeutschen Behörden und Geheimdiensten, dem Verfassungsschutz, dem BND und dem MAD. 1968 sollten die alliierten Rechte abgelöst werden, blieben als NATO-Recht jedoch erhalten – bis heute – und alles streng geheim. Die NSA-Affäre ist kein singuläres Ereignis, sondern bisheriger Höhepunkt einer über sechzig jährigen Geschichte deutsch-alliierter Überwachung in der Bundesrepublik.
Das wissen wir nicht von Edward Snowden, sondern von dem Freiburger Historiker Josef Foschepoth, dessen nun schon in vierter Auflage erschienenes Buch „Überwachtes Deutschland“ seinem Vortrag auch den Namen gibt. In seinem Vortrag kommt Josef Foschepoth auch zu den politisch-rechtlichen und bürgerrechtlichen Konsequenzen des überwachten Deutschlands.
Zur Person: Prof. Dr. Josef Foschepoth ist Zeithistoriker an der Universität Freiburg. Er arbeitete mehrere Jahre als Leiter des Forschungsbereichs Post-War-History am Deutschen Historischen Institut London. Er war langjähriger Geschäftsführer und Präsident der AKAD-Privathochschulen Stuttgart und Rektor der Wissenschaftlichen Hochschule Lahr. Seit 2005 lehrt und forscht er am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Universität Freiburg mit Schwerpunkt der internationalen, deutschen und deutsch-deutschen Geschichte seit dem 2. Weltkrieg. In Vorbereitung ist eine Untersuchung zur KPD im deutsch-deutschen Kalten Bürgerkrieg.