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Tacheles: Der womöglich hohe Preis für ein effizientes Straf­be­fehls­ver­fahren

10. Juni 2024
Ort:Universität Freiburg, Kollegiengebäude 1, Hörsaal 1010, 79098 Freiburg
Datum: Donnerstag, 13. Juni 2024
Uhrzeit:20:00 Uhr

Die Zahl der von den Strafgerichten ohne eine mündliche Verhandlung verhängten Strafbefehle nimmt stetig zu. In Baden-Württemberg erfolgen 97 % aller Verurteilungen zu einer Geldstrafe über einen Strafbefehl. Für die Justiz bedeutet diese Praxis eine erhebliche und ressourcensparende Entlastung. Strafverteidiger*innen haben dagegen die Befürchtung, dass diese Entwicklung vor allem die ärmeren und sozial Schwachen unserer Gesellschaft trifft.

Strafbefehlsverfahren kommen bei Bagatelldelikten, kleineren Betrügereien und Diebstählen, Verkehrsdelikten, aber auch bei Fällen mittlerer Kriminalität in Betracht, scheinbar eine pragmatische Alternative zu einem Urteil nach einer Hauptverhandlung zu sein. Wer mit dem Strafbefehl nicht einverstanden ist, kann Einspruch einlegen. Erst dann kommt es zu einer mündlichen Verhandlung.

Indes: Viele Empfänger*innen eines Strafbefehls sind sich der rechtlichen Bedeutung häufig nicht bewusst und verwechseln diesen oftmals mit einem Bußgeldbescheid. Die Rechtsfolgen können allerdings für die Betroffenen weitaus gravierender sein. So wird die Rechtsmittelbelehrung oft nicht verstanden, und für Empfänger*innen mit unzureichenden Deutschkenntnissen fehlt es häufig an einer Übersetzung. Aus Unkenntnis wird selten Einspruch nur gegen eine unrichtig festgesetzte Höhe der Geldstrafe eingelegt. Vor allem: Unrichtigkeiten im Tatvorwurf werden schlicht hingenommen, weil die Kosten der Einschaltung einer Rechtsanwältin oft die Höhe der Geldstrafe übersteigen und im Falle der Verurteilung  Geldstrafe, Gerichtskosten und RA-Honorar zu tragen sind. Als Massenverfahren mit teilweise gravierenden Auswirkungen ist hier Abhilfe geboten.

Seit Frühjahr 2024 untersucht ein Forschungsprojekt der Vereinigung Hessischer Strafverteidiger*innen e.V. in Zusammenarbeit mit der Goethe-Universität Frankfurt das Strafbefehlsverfahren in seiner praktischen Anwendung. Ziel ist, auf der Grundlage empirisch belastbarer Daten gesetzgeberische Forderungen zu erarbeiten, um den im Strafbefehlsverfahren auftretenden Rechtsverkürzungen entgegen zu wirken.

Zur Referentin: Frau Dr. Carolin Weyand ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht in Frankfurt. Sie ist Vorstandsvorsitzende der Vereinigung Hessischer Strafverteidiger*innen e.V. und Ombudsfrau des Deutschen Olympischen Sportbundes für sexualisierte Gewalt und des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Auf ihre Initiative geht das Forschungsprojekt zum Strafbefehlsverfahren zurück, das den Gegenstand unserer Veranstaltung bildet.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei.
Wir freuen uns über Ihren Besuch und über jede Spende.

Diskussionsveranstaltung in der Vortragsreihe TACHELES der Humanistischen Union Baden-Württemberg und des Instituts für Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht an der Universität Freiburg in Kooperation mit dem Arbeitskreis kritischer Jurist*innen (AkJ)

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